Mittwoch, 27. November 2013

Wacht auf!

Es ist schon wieder passiert. Diesmal waren es Fans des 1. FC Union Berlin die einen, inzwischen fast als tragisch gängig zu bezeichnenden, unverhältnismäßig gewalttätigen Einsatz der Polizei "über sich ergehen lassen mussten".
Klar, oft machen es Fußballanhänger der Staatsgewalt auch nicht einfach, Provokationen und Beleidigungen gehen an vielen Spieltagen doch sehr leicht über die Lippen. Dennoch, die Masse an Vorfällen in der jüngeren Vergangenheit (man erinnere sich nur an das Schalker Championsleaguespiel gegen PAOK Saloniki) zeigt die absolute Notwendigkeit eines Umdenkens Deutschlands gegenüber seinen "Beschützern".

Dabei sei an dieser Stelle ganz klar erwähnt: Es geht nicht darum, alle Polizisten als solches zu denunzieren. Viele Beamten gehen ihren Beruf gewissenhaft und vorbildlich an.
Aber es gibt auch Negativbeispiele, und es wird Zeit, dass diese sich für ihre Taten verantworten müssen.

Kennzeichnungspflicht!

Ein heiß, teil abstrus diskutiertes Thema ist die sogenannte Kennzeichnungspflicht. Dabei geht es darum, Polizisten im Einsatz, die oft in schwerer Montur auftreten, anhand von Nummern auszuweisen, sodass eventuelle Opfer von unverhältnismäßiger Polizeigewalt oder anderen Straftaten den Täter zweifelsfrei identifizieren können.
Dass sich Ordnungshüter im Schutz der Anonymität ein ums andere Mal falsch verhalten, ist nicht erst seit den Demonstrationen gegen "Stuttgart 21" bekannt. Warum aber banalisieren Polizeigewerkschafter dieses Problem und drängen sich bei aufkommenden Diskussionen selbst in die Rolle missverstandener Opfer einer Dramatisierung durch potentielle Wutbürger und Medien?

Die Polizei lässt Kritik nur ungern zu. Oft stellt sie sich schützend vor ihre Beamte, sucht die Schuld ausschließlich bei deren Anklägern, egal ob Fußballfan oder Demonstrant.
Denn: Verurteilte Polizisten schaden dem Mythos einer fehlerfreien Behörde, die allein für ein sicheres Miteinander sorgt. Auch im obigen Falle Union Berlins ließ die Antwort des Polizeigewerkschafts-Vorsitzenden Wendt nicht lange auf sich warten. Die Vorwürfe seien "unverantwortliches Gerede auf Kreisklassenniveau", eine dieser legendär populistischen Aussagen, mit denen er sich längst zum Hassobjekt vieler Fußballfans aufgeschwungen hat.
Selbstkritik? Nicht die Spur.

Vor Gericht haben es Anklagende ebenfalls häufig schwer. Nicht selten passen Ausführungen verschiedener Polizeibeamter auffallend gut zueinander. Steht Aussage gegen Aussage, können Gesetzeshüter sich oft auf die Unterstützung aus eigenen Reihen verlassen, ein normaler Bürger hat diese Möglichkeit natürlich nicht.
Zudem arbeiten Staatsanwaltschaft und Polizei oft zusammen, es besteht ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis.
Genaue Statistiken sind schwer zu finden, Tobias Singelstein, Professor für Stafrecht der FU Berlin, hat aber ausgerechnet, dass ungefähr 95% der Strafverfahren wegen Körperverletzung gegen Polizisten eingestellt werden.

Die Bevölkerung muss aufwachen

So liegt es an der Bevölkerung, Kontrollorgan zu sein.
Doch in großen Teilen Deutschlands genießen Polizisten noch immer eine Art Nimbus der Unfehlbarkeit. Kritiker müssen sich nicht selten vorwerfen lassen, Straftäter schützen oder aufwiegeln zu wollen. Dabei ist Polizeigewalt längst im Alltag angekommen, und eine bequem ignorante Einstellung wird auf Dauer nicht davor schützen.

Wie kann es zum Beispiel sein, dass mitten in Berlin ein geistig verwirrter Mann, ohne Warnung, niedergeschossen wird, und der öffentliche Aufschrei dem Zirpen einer Grille gleicht?
Zugegeben, der Polizist hatte die schier unüberwindbare Hürde einer 40cm Kante im Rücken, aber hätte er nicht wenigstens auf die Beine zielen können?

Ermittlungen gegen den Beamten wurden inzwischen eingestellt. "Notwehr", so lautet die Begründung. Wie immer eigentlich.
Berichte über ähnliche Vorfälle gibt es zahlreich, passiert ist bis heute nichts. Die Öffentlichkeit muss anfangen, sich mit diesem unangenehmen Thema endlich stärker auseinander zu setzen.

Freitag, 22. November 2013

KeinFilmGeschmack

Heute:

















The 400 Blows (imdb 8.1/10)


Plot:
Antoine Doinel, ein 12-jähriger Junge aus Paris, hat einen schweren Stand bei seinen Lehrern.
Mitgezogen von seinen Schulkameraden fällt er besonders durch Streiche auf, während seine Eltern ihm zumeist jegliche Aufmerksamkeit verwehren. Als er anfängt die Schule zu schwänzen, von Zuhause davon zu laufen und Sachen zu stehlen, wird Antoine in ein Heim für Schwererziehbare geschickt.

Warum man ihn sehen sollte:
Auch wenn er versucht etwas richtig zu machen, geht alles schief. Wann immer Antoine für etwas Begeisterung zeigt, wird sie unterdrückt. Der Film zeigt die tragisch berührende Geschichte eines missverstandenen Jungen, dessen schwierige Lebensumstände ein glückliches Leben unmöglich zu machen scheinen.
Dabei trumpft Francois Truffauts Debütwerk mit entwaffnender Authenzität und quasi perfekter Regie auf.
Auch Hauptdarsteller Jean-Piresse Léaud beeindruckt mit starken Ausdruck, sodass sich kaum jemand einer gewissen Empathie für den Jungen entziehen werden kann.
Dabei bleibt der Film seinem ruhigen Ton treu, wird nie hektisch, und weiß mit einer ikonischen Schlussszene perfekt zu enden.

Montag, 18. November 2013

Die Mär vom notwendigen Zweikampf

Die Idee ist nicht neu, dank Felix Magath aber wieder aktuell: "Eigentlich müsste man sie [Bayern München und Borussia Dortmund] aus dem nationalen Wettbewerb ausschließen - eine Europa-Liga wäre ehrlicher".
Diese Worte gab der ehemalige Trainer etlicher Bundesligamannschaften, darunter Wolfsburg und Bayern, vor kurzem zum Besten.

Warum, verstehe ich allerdings nicht. Da ich ihn für einen durchaus intelligenten Menschen halte, bliebe die einzig sinnvolle Motivation, sich selbst der breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Immerhin hat er im gleichen Interview den Wunsch nach einem erneuten Engagement in der Bundesliga geäußert.

Um die Idee zu entlarven, muss man lediglich in die jüngere Vergangenheit von Borussia Dortmund schauen. Innerhalb weniger Jahre haben sie sich von der Fast-Insolvenz zu Deutschlands zweiter Kraft gemausert, sind Meister geworden und letzte Saison bis ins Champions-League Finale vorgedrungen.
Ähnlich strukturstarke Clubs wie Schalke 04 oder der HSV hätten alle theoretischen Möglichkeiten, es ihnen gleich zu tun. Mehr noch, die Ausgangsposition wäre wesentlich besser als die des BVB vor einigen Jahren.

Dass sie es nicht tun, liegt an den Verantwortlichen des Clubs, dem Management sowie dem Vorstand.
Vereine zu bestrafen, nur weil sie bessere Arbeit als andere leisten, ist grotesk, und entbehrt jeglicher sportlichen Grundlage.

Noch ein Vergleich: Der VFL Wolfsburg hat in den letzten 4 Jahren ein Transferminus von 56.575 Millionen Euro eingefahren, Dortmund ein Transferplus von 2.865 Millionen Euro. Dabei gaben die Niedersachsen 63.7 Millionen Euro mehr für Ablösesummen aus.
[Zahlen von http://www.transfermarkt.de]
Das Problem lag hier also nicht an den angeblich zu hohen Mitteln des BVB, sondern im Missmanagement von Magaths ehemaligem Verein.

Zudem sind die Unterschiede nicht so groß, wie manche einem glauben lassen wollen. Letzte Saison beendete Bayer Leverkusen die Saison nur einen Punkt hinter Dortmund, und in dieser Spielzeit sind sie bis dato sogar punktgleich.

Was Bayern München angeht, so gab es im letzten Jahrzehnt immer mal wieder Clubs, die ihnen ihre Vorherrschaft streitig gemacht haben. Momentan mögen sie unaufhaltbar wirken, aber auch das wird in wenigen Jahren anders aussehen, wenn Säulen wie Lahm oder Schweinsteiger erstmal die 30 überschritten haben.

Weniger Jammern, mehr tun. Die Dominanz der Spitzengruppe haben sich viele Vereine selbst zuzuschreiben.


Früchte der Arbeit

Ewig, so schien es, musste Roman Weidenfeller auf seine erste Nominierung zur Nationalmannschaft warten.
Das lag in erster Linie nicht an seinen Leistungen, sondern dem angespannten Verhältnis zu Bundestrainer Löw und seinem Stab.
Nun hat diese Zeit des Darbens, für mich etwas überraschend, doch noch ein Ende gefunden. Beim Länderspiel gegen England wird der Dortmunder seine Premiere im Tor der Nationalelf geben.
Dies ist nicht etwa ein Geschenk, um dem alternden Auslaufmodell doch noch seinen inneren Frieden zu gewähren, sondern logische Konsequenz aus Weidenfellers Auftritten der letzten Jahre.

Profi seit 1999, wechselte er 2002 nach Dortmund um ein Jahr später den inselreifen Jens Lehmann zu beerben. Allerdings konnte er anfangs die Erwartungen nicht erfüllen und sah sich, einige unglückliche Spiele später, schnell auf der Bank wieder.
Erst in der Saison 05/06 festigte er seinen Stammplatz, zeigte teils herausragende Leistungen.
Heute, 8 Jahre später, kann er auf eine großartige Karriere als Dortmunder Urgestein zurückgucken.
Zwei Meisterschaften, ein DFP-Pokal Sieg, 300 Bundesligaspiele und nicht zuletzt das Championsleague Finale 12/13.

Und genau jenes Finale ist ein entscheidender Grund, weshalb Weidenfeller für Löw noch wertvoll sein könnte. Auch wenn Dortmund das Spiel verlor, zeigte er eine starke Leistung, vereitelte mehrere Großchancen der Bayern. Zuvor hatte er schon gegen Madrid und Malaga bewiesen, in Drucksituationen nicht einzuknicken, im Gegenteil, sondern erst dort zu Höchstform aufzulaufen.
Hier liegt ein entscheidender Unterschied zu seinem Konkurrenten Ron-Robert Zieler, der auf internationalem Top-Niveau keine Erfahrung hat.

Auch hätte Löw den Dortmunder Schlussmann nicht berufen, würde er nicht für die WM mit ihm planen. Gerade da der Bundestrainer öffentlich immer wieder kritisch beäugt wird, oft im Zusammenhang mit seinem Verhalten gegenüber einzelnen Spielern, wäre ihm durch weitere Nichtbeachtung Weidenfellers ein potentieller Diskussions- und Streitpunkt erspart geblieben.

Doch Löw weiß um die Bedeutung von Erfahrung, Persönlichkeit und Zuverlässigkeit bei einem großen Turnier. Zieler ist 24, in der gleichen Torwartgeneration wie Deutschlands Nummer eins Manuel Neuer. Kein Perspektivtorhüter, dem man im Zuge eines Reifeprozesses noch internationale Erfahrung mitgeben müsste. Daher sprechen alle Argumente für den momentan besseren, erfahrenen BVB-Keeper.

Roman Weidenfeller wird zur WM nach Brasilien fahren, da lege ich mich fest.
Und womit? Mit Recht.

Montag, 11. November 2013

Der Preis des Erfolges

30. April 2011, Heimspiel gegen Nürnberg. Dortmund wird zum ersten Mal seit 2002 wieder Meister - und das völlig überraschend.
Auch wenn die Erinnerungen langsam verblassen, einige Momente werde ich wohl nie mehr vergessen. Das Tuscheln im Stadion, bevor Nobby endlich die Kölner Führung ins Stadion hinaus gebrüllt hat. Endloses auf- und ab hüpfen, feiern, dem Fremden vor und hinter dir gleichzeitig im Arm liegen. Die Übergabe der Schale, wie es sich gehört auf dem Rasen, nicht der VIP-Tribüne.
Meine Eltern erzählen heute noch, wie ich, zurück im beschaulichen Niedersachsen, förmlich durchs Haus geschwebt bin. Selbst jetzt kommt das alte Kribbeln wieder hoch.

Das schöne an dieser Meisterschaft war: Sie übertraf alles, was ich mir vor der Saison an Erwartungen ausgemalt hatte.
Schon die Kloppschen Jahre davor haben mich glücklich gemacht. Es ging stetig bergauf, bei jedem Aufeinandertreffen konnte man auf einen Sieg hoffen, ohne nachher allzu niedergeschlagen zu sein, wenn am Ende doch weniger rausgesprungen war.
Man war das Gewinnen einfach noch nicht so gewohnt. Hoffnungsvoll, angespannt, aber nie verkrampft - solang meine Mannschaft gekämpft hat war alles gut.

Heute ist das anders. Der Erfolg hat mich verändert, und dabei wollte ich es doch nie geschehen lassen.

Versteht mich nicht falsch, Erfahrungen wie die Meisterschaft möchte ich nicht missen, und um die Tabellenführung zu spielen ist besser als gegen den Abstieg zu kämpfen.
Aber trotzdem, früher war es leichter.
Inzwischen schüttelt mich jede Niederlage, und auch wenn ich es vor mir selbst nicht gerne zugebe: Ich erwarte in fast jedem Spiel einen Sieg.
Dauernd halte ich mir unsere Vergangenheit vor Augen, wo wir waren, woher wir kommen, was erreicht wurde. Wie viel Glück ich als BVB-Fan eigentlich verspüren müsste.
Und ja, oft tue ich das. Aber dann gibt es Spiele wie gegen Wolfsburg, nach denen ich mich über die Mannschaft aufrege, ohne überhaupt zu reflektieren, ob das angebracht ist.
Nein, ist es nicht, denn der Kampf war da. Im Nachhinein ärgert mich meine überzogene Erwartungshaltung, und doch überkommt sie mich eins ums andere Mal.

Ich bin verwöhnt, will es aber gar nicht sein.

Der Erfolg hat jedoch noch andere Tücken parat.
Die mediale Präsenz des BVB ist in den letzten Jahren extrem gestiegen. Damit einher gehen natürlich immer viele Artikel, die sich an Kleinigkeiten aufreiben um irgendwie eine Story erzählen zu können. Ich habe es in diesem Blog schon einige Male erwähnt, aber es kommt doch immer wieder auf. Verzieht Christian Streich sein Gesicht, ist es authentisch; verzieht 2011er Jürgen Klopp sein Gesicht, ist es emotional; verzieht 2013er Jürgen Klopp sein Gesicht, ist es eine indirekte Gefährdung an Leib und Leben der Amateurschiedsrichter.
Viele Artikel regen einfach nur auf, gehen mehr auf Klatsch & Quatsch als auf Fußball ein.
Früher hätte es sowas nicht gegeben.

Außerdem ist es heutzutage vielversprechender, Dortmund-Sympathisant zu sein.
Eigentlich mag ich es nicht, über Fans zu urteilen, und doch erscheint es mir so, als hätte sich inzwischen eine beachtliche Anzahl Erfolgsfans gebildet. Wie hätte es auch nicht sein können, Bayern München führt einem die Existenz dieses Phänomens bei jedem Heimspiel vor Augen.
Und ich habe auch nichts gegen Erfolgsfans per se.
Wenn in einem Stadion allerdings Menschen stehen [!], die sich beim Versuch von Support angewidert zu den ähnlich gekleideten "Mitstreitern" umdrehen und eine Niederlage sogar mit einem Lächeln quittieren, weil es ihnen einige Punkte im Tippspiel eingebracht hat - ja dann könnt ich austicken. [Wolfsburg - eine Abrechnung]
Das ist nicht meine Auffassung von Fandasein, und auf diese Leute kann ich im Umfeld "meines" Vereins gut verzichten.

Früher war vielleicht nicht alles besser, aber vieles einfacher.

Donnerstag, 7. November 2013

"Ich hab doch nichts zu verbergen"

"Überwachung? Mir doch egal, ich hab eh nichts zu verbergen. Außerdem interessiert sich sowieso niemand für meine Daten."

Seitdem Edward Snowden mit seinen Enthüllungen über die weltweiten Ausspäh-Aktivitäten diverser Geheimdienste, insbesondere der US-amerikanischen NSA, für Aufsehen gesorgt hat, dominieren Fragen nach Konsequenzen und Aufklärung die deutsche Medienlandschaft.
Nicht wenige fordern drastische Maßnahmen gegenüber den Vereinigten Staaten, oder auch Asylrecht für den, momentan in Russland untergekommenen, Whistleblower Snowden.

In der Bevölkerung, so scheint es, ist das Thema weit weniger brisant. Rund drei Viertel aller Deutschen glauben nicht an persönliche Nachteile durch die massenhafte digitale Überwachung der NSA.
44% halten die momentane Diskussion sogar für überzogen.
Das ist nachvollziehbar.
Für die allermeisten "normalen" Bürger ergeben sich aus den Aktivitäten keine unmittelbaren Folgen. Es ist ganz natürlich, sich auf Probleme zu konzentrieren, mit denen man alltäglich konfrontiert wird. Im Gegensatz zu beispielsweise Steuererhöhungen, oder fehlenden Kitaplätzen, wirkt die Diskussion um amerikanische Spionagetätigkeiten doch sehr abstrakt.

Dabei geht es eigentlich um viel mehr, als "nur" die eigenen Daten.

Staaten stellen sich über geltendes Recht

Eine Demokratie basiert auf Gewaltenteilung. Laut dieser müssen sich auch Legislative und Exekutive, also unter anderem der Staat, an das Rechtswesen eines Landes halten.
Die Überwachung der Bürger (oder selbst Staatsoberhäupter) zahlreicher Staaten dieser Welt, durch eine Organisation des amerikanischen Verteidigungsministeriums, zeigt indes vor allem eins: Den USA sind die Souveränität des Individuums, und die geltende Gesetzeslage eines Landes vollkommen egal.
Die von ihnen veranlasste Ausspähung ist juristisch gesehen vollkommen intolerabel und illegal.

Das ist beunruhigend.
Umso mehr Macht eine Regierung hat, desto egoistischer und absolutistischer kann sie agieren. Der grundlegende Demokratiegedanke eines herrschenden Volkes wird somit Schritt für Schritt ausgehebelt.

Momentan mag das noch kein allzu großes Problem zu sein, aber auch in Deutschland lassen sich Beispiele finden, in denen die Regierung eigene Entscheidung über das Gesetz gestellt hat.
Eines wäre der Kauf von Steuer-CDs.

Vor diesem Hintergrund scheint es mir unerlässlich, über die Frage der Relevanz eigener Daten hinaus zu blicken und sich zu fragen, wohin diese Gleichgültigkeit von Regierungen gegenüber ihrer Verantwortung vor dem Gesetz führen kann.

Auch im Falle der NSA scheint die USA von jeglichen Sanktionen oder Bestrafungen verschont zu bleiben.
Wie weit dürfen die Oberhäupter eines Staates noch gehen, bis Gerichte oder Volk endlich mal konsequent dazwischen gehen und von ihrer Demokratie Gebrauch machen?

Montag, 4. November 2013

KeinFilmGeschmack

Heute:


















The Hunt (imdb 8.3/10)

Plot:
Gerade als es mit seinem Leben wieder bergauf zu gehen scheint, sieht sich der ehemalige Lehrer Lucas Kindesmissbrauchsvorwürfen ausgesetzt.
Trotz Unschuldsbeteuerungen entwickelt sich in seiner Kleinstadt eine Eigendynamik, die sowohl menschliche als auch rechtliche Grenzen überschreitet.

Warum man ihn sehen sollte:
Der Film behandelt ein sensibles und aktuelles Thema. Rachegelüste, Hysterie, Vorverurteilungen - unter bestimmten Umständen lassen viele Menschen jegliches Empathie- und Rechtsempfinden beiseite um dem inneren Tier genüge zu tun.
Wenn auch (meist) in abgeschwächter Form, so wird doch jeder ähnliches Verhalten schon vor der eigenen Haustür beobachtet haben.

Dank einer starken Performance von Mads Mikkelsen fühlt man zu jeder Zeit mit dem Protagonisten mit. Auch die restlichen Schauspieler sind allesamt sehr gut, Kameraführung und Regie fangen die düstere Stimmung des Films äußerst gelungen ein.

Mittwoch, 30. Oktober 2013

Stop!

Gleich zu Beginn eins vorweg: Ich möchte weder verharmlosen, gutheißen noch schönreden.
Die Ereignisse im Dortmunder Block letzten Samstag waren nicht in Ordnung.
Pyro hin oder her, sobald man Böller und gefährliche Signalmunition in Richtung anderer Menschen, oder auf den Platz, wirft, hört der Spaß auf.
Ich habe nichts gegen eine feurige Einlage vor dem Spiel, das gebe ich liebend gerne zu.
Aber an diesem Tag wurden Grenzen überschritten.

Die möglichen Auswirkungen dieses Ausreißers wurden schon an mehreren Stellen hervorgehoben. Um den Eurosport-Redakteur Michael Wollny zu zitieren:
Die Vorfälle sind Wasser auf die Mühlen all jener, die Fankultur nicht verstehen, sondern zerschlagen wollen. Es sind diese Bilder, die eine öffentliche Sensibilisierung für fragwürdige Polizeistrategien völlig torpedieren.

Dennoch sage ich: Stop!
So wenig ich die Vorfälle vom Derby nachvollziehen oder gutheißen kann, ist mir doch aufgefallen, dass der entbrandeten Diskussion (mal wieder) jegliche Verhältnismäßigkeit abhanden gekommen ist.

Erinnern wir uns: Vor ziemlich genau einem Jahr war Schalke 04 zu Gast in Dortmund. Die Ausschreitungen waren wesentlich heftiger als alles, was am Samstag abgelaufen ist.
Pyrotechnik hin oder her, verletzt wurde dieses Mal nur eine Person, festgenommen vier.
Am 20. Oktober 2012 gab es schon lange vor dem Spiel Probleme mit aufeinander treffenden Gruppierungen. Am Ende des Tages nahm die Polizei rund 200 Personen in Gewahrsam. Acht Beamte wurden verletzt. Und auch damals zündeten Fans der Gästemannschaft Pyrotechnik im Stadion.

Nun gibt es signifikante Unterschiede zwischen den beiden Vorfällen, das ist mir durchaus bewusst. 2012 fand ein Großteil der Randale außerhalb des Stadions statt und, vielleicht am wichtigsten, niemand schoss Leuchtraketen in benachbarte Blöcke.

Trotzdem erscheint es mir unter den Aspekten vollkommen falsch, von einer "neuen Dimension" der Gewalt zu sprechen.

Viele Medien haben kein Interesse an einer Lösung

Und doch lässt es sich gut verkaufen. Indem man vorgaukelt, etwas noch nie dagewesenes gesehen zu haben, generiert ein Medium natürlich neue Interessenten. Die Deutschen sind ein sensationsgeiles Volk, Drama lässt die Kassen klingeln.

Beispiele gefällig? Kurz nach dem Spiel antwortete Vollblut BVB-Spieler Kevin Großkreutz auf die Frage, ob er sich für die Fans schäme, sinngemäß: "Ich schäme mich für niemanden. Soll doch jeder selbst wissen, was er tut."
Ein idealer Aufhänger für Sport1.
Natürlich ließ sich daraus sofort eine Story machen. Großkreutz, das schlechte Vorbild? Darf er das überhaupt? Hat er vielleicht sogar eine Mitschuld an solch Vorkommnissen?
Für die Lösung des Problems so sinnvoll wie Ausscheidungen am Schuh.

Großkreutz muss mit Sicherheit niemandem Rechtschaffenheit ablegen. Ohne zu wissen, wer genau für diesen Eklat verantwortlich ist, fällt es gerade einem Fußballer mit engen Verbindungen zur Fanszene schwer, eben jene zu denunzieren. Damit spricht er keine Verbrüderung mit Pyrowerfern aus.
Und besonders ein Spieler seines Formats wird sich hüten, direkt nach einem emotionalen Derbysieg, in der Mixed Zone, irgendetwas falsches zu sagen.

Natürlich gibt es noch viele weitere Beispiele. Etliche Fußballblogger werden wieder die Verrohung der deutschen Gesellschaft, den Niedergang der Familien in Stadien und das Ausbrechen von Anarchie heraufbeschwören.
Ein Beispiel lieferte der ebenfalls bei Eurosport bloggende Thilo Komma-Pöllath.
Er tobt sich munter in unpassenden Al-Quaida Vergleichen aus und vermischt, wie in der Medienwelt so üblich, Pyrotechnik und Gewalt.

Einen besonders appetitlichen Fall bot die Dortmunder Lokalredaktion des WDR.
Hierzu empfehle ich diesen Blogeintrag.
In Kurzform versucht sie die Fanszene des BVB zu öffentlichen Erklärungen gegen die Vorfälle vom Samstag zu drängen. Pikant dabei: Die Situation wird dargestellt, als hätte es derlei noch nicht gegeben.
Dabei haben sich seit dem Derby hunderte, vielleicht tausende Fans gegen die Aktion ausgesprochen. Die zwei größten Fanmagazine "schwatzgelb.de" und "Die Kirsche" quollen über vor Empörung.
Durch seine "Bestrafung", nämlich dem Entfernen von Bildern der Südtribüne im Vorspann ihrer Sendung, nimmt der Sender außerdem alle BVB-Fans in Sippenhaft. An Populismus kaum zu überbieten, dient es nur dem eigenen Aufschwingen zum moralischen Vorbild.

All dieses Mediendrama bietet lediglich eine Bühne für die intendierte Provokation der Vermummten von Schalke, diskreditiert pauschalisierend einfach alle Ultras dieses Landes, oder lenkt den Fokus auf andere unwichtige Nebenschauplätze, ohne sich dem eigentlichen Problem zu widmen. Zudem geht es oft nur noch um Selbstprofilierung oder das Aufbringen neuer, brisanter Storys.

Ohne eine Ermittlung der Täter sind endgültige Schlussfolgerungen sowieso zum Scheitern verurteilt. Erst nach deren Abschluss, der Durchsetzung von Strafen und der Reaktion von Dortmunds Fanszene in den nächsten Monaten kann ein abschließendes Fazit gezogen werden.
Alle, die jetzt versuchen Fankultur im Allgemeinen zu verurteilen, oder dem Fußball wieder ein Sicherheitsproblem andichten wollen, reiten schwafelnd auf einer Welle des Populismuses.

Denn vergessen wir nicht: Revierderbys waren und sind niemals normale Umstände.

Kritik? Ja! Aber doch bitte sachlich und konstruktiv.


PS: Die Initiative "Pro Fans" hat sich übrigens auch zu den Vorfällen geäußert.

Montag, 28. Oktober 2013

Kein Wiederholungsspiel für Hoffenheim - die einzig richtige Entscheidung

Nun hat sich der DFB also entschieden, Hoffenheims Einspruch wurde abgewiesen und das Phantomtor zieht keinerlei Konsequenzen nach sich.
Zurecht. Im offiziellen Regelheft des DFB steht auf Seite 11, Unterpunkt 2:
"Der Platzverein ist für die richtige Zeichnung des Spielfeldes sowie den ordnungsgemäßen Aufbau der Tore, ihre zuverlässige Befestigung, und ihren unbeschädigten Zustand verantwortlich".
Somit tragen die Verantwortlichen des TSG eine Mitschuld für das Auftreten dieses ungewöhnlichen Ereignisses. 

Zudem liegen die Unterschiede zwischen Kießlings "Phantomtor" und beispielsweise einem irregulären Abseitstreffer, oder jenem, uns Deutschen wohl noch im Gedächtnis herumschwirrenden, Ereignisses, lediglich in der Wahrnehmung.
Man erinnere sich: Niemand hier forderte ein Wiederholungsspiel, als die Engländer 2010 um ein Tor "betrogen" wurden.

In beiden Fällen führten fehlerhafte Schiedsrichterwahrnemungen zu falschen Torentscheidungen.
Hätte der DFB heute dem öffentlichen Druck nachgegeben, wäre die Tatsachenentscheidung bei normal erscheinenden Fehlgriffen ad absurdum geführt worden.
Vereine könnten auf dieser Basis, zumindest theoretisch, gegen jeden irregulären Treffer klagen.

Eine zufriedenstellende Lösung hätte der Videobeweis geboten.
Den gibt es, wie wir alle wissen, aber (noch) nicht.


Sonntag, 27. Oktober 2013

Was mir an Fußball-Deutschland nicht gefällt

Fußball ist super. Jedes Wochenende kündigt eine wohlbekannte Mischung aus Vorfreude, Nervosität und Spannung den neuen Spieltag an. Fällt dieser mal flach, zeigt mir das Leben mit brachialer Rücksichtslosigkeit die Langeweiles meines Daseins auf.
Und doch stellte ich in den letzten Jahren fest, dass immer mehr Dinge, ob auf oder abseits des Platzes, diese Lust erheblich trüben.

Auf dem Platz:
Jeder, der selbst mal Fußball gespielt hat, weiß wie emotional intensiv dieses Spiel ist.
Nun gibt es Regeln, die besagen, dass ein Spieler sich weder das Trikot ausziehen, noch mit den Fans feiern darf. Missachtung führt zu einer Gelben Karte.
So kann es geschehen, dass ein übermütiger Spieler im Eifer des Torjubels vom Platz fliegt.
Welch Schwachsinn!
Nicht nur hat ein ausgezogenes Trikot noch niemandem Schaden bereitet, nein, zu allem Überfluss werden auch noch weibliche Fans um den Anblick eines gestählten Fußballerkörpers gebracht.

Was stört mich noch? Schwalben! In einem Bundesligaspiel des Jahres 2013 sehe ich, durchschnittlich, bestimmt 5 Schwalben im Spiel, eine davon im Strafraum. Es ist Gewohnheit geworden, sich bei kleinstem Körperkontakt zu Boden sinken zu lassen, den Rasen noch im 5-Meter Radius platt zu wälzen und so einen Freistoß, oder gar Elfmeter zu provozieren.
Widerlich! Schwalben treten den Sportsgedanken mit Füßen und sollten wesentlich konsequenter geahndet werden. Selbst ein LeBron James darf sich mehr Körpereinsatz erlauben als der durchschnittliche Bundesligaspieler, dabei wird Basketball doch allgemein als körperloser Sport deklariert.

Nummer drei: Die leidige Handspiel-Diskussion. Seit Jahren echauffieren sich ehemalige Fußballprofis, hoch dekorierte Bild-Journalisten und engagierte Spiegel-Online Forennutzer über die schwammige Auslegung der Handspielregel.
Mit Recht, nur kommen sie teilweise zu merkwürdigen Schlussfolgerungen, wie: "Einfach immer abpfeifen wenn der Ball die Hand oder den Arm berührt". Das kann nicht die Lösung sein!
Schon jetzt werden viel zu viele Strafstöße gepfiffen, weil ein armer Teufel aus 5 Meter Entfernung abgeschossen wird. Spieler verschränken teilweise ihre Hände hinterm Rücken, um ja keinen Elfer zu verschulden. Hier muss eine deutliche Lockerung der Regel stattfinden. Geht der Abwehrspieler in bester Titan-Manier mit der Hand zum Ball, muss es natürlich geahndet werden. Aber dass Arm und Körper nicht wie zusammengetackert aneinander hängen, sollte auch jedem klar sein.

Nummer vier: Tatsachenentscheidung.
Hier muss man differenzieren. Geht es um Fehlentscheidungen die im Spielfluss geschahen, und nur die aktuelle Partie beeinflussen, ist es natürlich richtig und wichtig, dass sie im Nachhinein nicht mehr geändert werden können. Als Beispiel sei hier ein vermeintliches Abseitstor genannt. Dazu zähle ich übrigens auch das Phantomtor von Stefan Kießling.
Anders verhält es sich bei Entscheidungen, die eine Mannschaft über den Abpfiff hinaus treffen, wie beispielsweise Rote Karten.
Lässt sich am Ende des Spiels eindeutig feststellen, dass diese unberechtigt war, muss der DFB eine nachträgliche Sperre erlassen. Alles andere ist schlichtweg lächerlich.

Nummer fünf: Attitüde der Schiedsrichter.
Ja, mir ist bewusst, dass "unsere" Regelhüter einen anspruchsvollen und undankbaren Job übernehmen. Dennoch würde ich mir oft wünschen, dass sie ein wenig mehr über den Dingen stehen, statt jede Beschwerde sofort als persönlichen Affront zu sehen. Dies gilt natürlich nur für einen Teil, positive Beispiele wie Knut Kircher sind ausgenommen.
Es muss nicht sein, dass jedes Zetern eine Gelbe Karte nach sich zieht. Gute Schiedsrichter fallen nicht auf. Sie wirken beschwichtigend, deeskalierend und versuchen, das Spiel mit 22 Mann auf dem Feld zu beenden.
Und sie brauchen keine harschen Imperator-Gesten, um ihre Partie im Griff zu haben.

Außerhalb des Platzes
Da es sonst den Rahmen sprengen würde, beschränke ich mich hier auf drei Themen.

Erstens: Das Verhältnis zwischen Fans und Vereinen.

Fans sind die Seele eines Vereins. Nicht nur sind sie finanziell von unschätzbarem Wert, auch im Stadion helfen sie die Mannschaft zu Höchstleistungen zu pushen. Nun gibt es viele verschiedene Fans, ich werde an dieser Stelle einfach mal unsauber zwischen zwei Arten differenzieren: Der harte Kern, und der Rest.
Ersterer zeichnet sich dadurch aus, so oft es geht zu Spielen seines Vereins zu reisen, unermüdlich, auch außerhalb der 90 Minuten, zu supporten, und einen großen Teil seines Lebens diesem Klub zu widmen.
Zweitere mögen ebenfalls eine hohe Affinität zum Verein haben, fahren aber seltener, betrachten Spiele nicht selten als Konsumgut und sind von der alltäglichen Fanpolitik nicht im gleichen Maße betroffen. Dafür gibt es viele Gründe, und keine der beiden Gruppen ist besser oder schlechter.
Nun hat der "harte Kern" allerdings andere Prioritäten, als der "Rest". Da geht es um Ticketpreise, Freiheiten im Stadion, Dialog und nicht zuletzt auch ein Stück Anerkennung.

An dieser Stelle unterscheiden sich einige Vereine, zu anderen. Im positiven Fall führen Dialog zwischen Verein und Fans zu bunter, lautstarker Unterstützung und, im Gegenzug, fairen Bedingungen für die Fans. Läuft das ganze aber weniger gut, kann es schonmal knallen, wie vor kurzer Zeit beim FC Bayern München zu sehen. Schon lange ist das Verhältnis zwischen dem "harten Kern", oder der "aktiven Fanszene", und der Vereinsführung angespannt. Nicht zuletzt aufgrund einer Wutrede von Uli Hoeneß, bei der er verlauten ließ: "Eure Scheißstimmung, da seid ihr doch dafür verantwortlich und nicht wir". Weitere Maßnahmen ließen vermuten, man wolle den "unangenehmen", lauten Teil der Fans aus dem Stadion haben. Zum Beispiel wurde der Zugang zum stimmgewaltigen Teil der Arena mit Drehkreuzen versehen. Nun hat der Verein generell einen sehr kleinen Stehplatzbereich, und somit die Fanszene wenig Potential, Nachwuchs zu generieren. Die Folge war ein Stimmungsboykott und gespenstische Stille in darauf folgenden Bundesligaspielen. Danach erkannten auch die Verantwortlichen: So macht das weder Sinn, noch Spaß. Den Wert dieses "harten Kerns" findet man eben nicht direkt im Finanzellen, er äußert sich in Unterstützung der Mannschaft und dem Stadionerlebnis.
Es ist wichtig, dass Vereine und Fans wissen, was sie aneinander haben, und sich gegenseitig unterstützen.

Trotzdem gibt es immernoch Klubs, die meinen, aus ihren Anhängern auch noch das letzte bisschen Geld rauspressen zu müssen, zum Beispiel durch eine Kooperation mit der Ticketbörse viagogo. Eine detaillierte Beschreibung würde hier wieder den Rahmen sprengen, dieser Artikel zeigt jedoch gut, mit was für einer Art Unternehmen man es zu tun hat. Kurze Einordnung: Für einen Stehplatz beim Spiel Dortmund gegen Bayern muss man schonmal 198 € zahlen. Mit dem FC Augsburg, FC Bayern München (noch), Hannover 96, 1. FC Kaiserslautern, 1. FC Nürnberg, VFL Wolfsburg, VFL Bochum, TSG 1899 Hoffenheim und dem VFB Stuttgart haben gleich neun deutsche Profivereine eine Partnerschaft mit dieser Organisation. In Hamburg und auf Schalke wurden ähnliche Verträge erst durch massive Fanproteste widerrufen.
Da kann man sich durchaus fragen: Wie stehen solche Vereine zu ihrer Anhängerschaft? Austauschbare Goldesel?
Zum Glück gibt es auch positive Beispiele, darunter fallen Borussia Dortmund, Hertha BSC oder Borussia Mönchengladbach, die viagogo von Anfang an abgelehnt haben. Als Fan von einem der oben genannten Vereine würde ich mir aber ziemlich verarscht vorkommen.

Zweitens: Die Polizei.

Viel ist in den letzten Monaten über dieses Thema geschrieben worden. Abseits der immer währenden Diskussion nach finanzieller Beteiligung der Bundesligavereine an Polizeieinsätzen, rückt auch das Verhalten der Polizei stetig weiter in den Fokus. Besonders nach den Vorkommnissen in Dortmund und während des Champions-League Qualifikationsspiel auf Schalke wurde über die Verhältnismäßigkeit mancher Polizeieinsätze diskutiert. Eine legale Flagge rechtfertigt auf keinen Fall Polizeigewalt dieser Art.
Im Fokus der Kritik stand insbesondere NRW Innenminister Ralf Jäger, der sich bis heute keinem vernünftigen Dialog gestellt hat. Die Aufarbeitung der Fälle lässt auf sich warten.

Ähnlich schlimm sind die Aussagen des Vorsitzenden der Polizeigewerkschaft Rainer Wendt. Seit Jahren versucht er, Fußballfans den Stempel des Verbrechens aufzudrücken. Er scheut keine Kontroverse, um mit purem Populismus auf angebliche Gefahren durch vermeintlich kriminelle Fußballfans hinzuweisen. 2010 forderte er, nach einem Platzsturm im einzigen reinen Sitzplatzstadion Deutschlands, die Abschaffung der Stehplätze. Auch der schöne Satz "Jeder, der sich in ein Fußballstadion begibt, begibt sich in Lebensgefahr" stammt von ihm - plumpe Panikmache, dessen Subtext, nämlich dass es in einem Fußballstadion besonders gefährlich sei, nicht zu belegen ist. Im Gegenteil.

Oft beruft sich die Polizei auf Zahlen der "Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze" (ZIS).
Dass diese vollkommen undifferenzierten Zahlen kaum Informationsgehalt bergen, und lediglich dazu missbraucht werden können, dem "normalen" Bürger Angst zu machen, lässt sich hier gut nachlesen.

Dass Gesetzeshüter auf derart Mittel zurückgreifen, lässt mich in manchen Momenten doch etwas sprachlos zurück.
Und solche Szenen tragen nicht zur Besserung bei. Quo vadis, Rechtsstaat?

Drittens: Die Medienlandschaft.

Es ist ein Problem das weit über den Fußball hinaus geht. Zeitungen verkaufen nach Auflage, Menschen finden Skandale geil, Zeitungen machen Skandale. Es nervt mich ungeheuerlich.
Spieler und Trainer, die im September noch mit Lob überschüttet wurden, können im Dezember schon die letzten Nullpeiler sein.

Interne Reibungspunkte werden nach außen getragen, aufgebauscht und als riesiges Drama veröffentlicht. Einzelne Menschen werden rausgepickt und öffentlich denunziert. Überall wird nach Streit, Problemen und Skandalen gesucht. Objektive Berichterstattung ist ein seltenes Gut geworden.

Auch im Bereich der Fanpolitik nehmen die Medien eine zentrale Rolle ein. Vor dem öffentlichkeitswirksamen Protest 12:12 schlugen viele in die (falsche) populistische "Ultras sind die Taliban der Fans"-Kerbe. Einen differenzierten Umgang mit den Fanszenen der Liga gab es kaum, dem neutralen Konsument wurde vorgegaukelt seine Sicherheit im Stadion sei gefährdet. Auch wenn es sich inzwischen geändert hat, und viele Journalisten Aussagen der Innenminister und Polizei wesentlich kritischer betrachten, so hinterließen die Vorkommnisse letztes Jahr doch eine Narbe bei mir.
Schnell ging es nicht mehr um konkrete Probleme, die Kritik an den aktiven Fanszenen entwickelte eine Eigendynamik mit der ich niemals gerechnet hätte.
Und wie konnte es so weit kommen? Sensationsgeilheit der Medien und Bewohner dieses Landes. Spielen mit den Ängsten der Leute.

Sollte es mit den Auflagen mal wieder nicht so rund laufen, wer weiß, vielleicht erleben die Taliban dann ihr großes Comeback.

Mittwoch, 23. Oktober 2013

KeinFilmGeschmack

Obwohl ich keinen Geschmack habe, werde ich ab und an gute Filme empfehlen, von denen ich der Meinung bin, dass man sie gesehen haben sollte.

Heute:

















La Haine (imdb 8.0/10)

Plot:
After local youth Abdel is beaten unconscious by police, a riot ensues on his estate during which a policeman loses his gun. The gun is found by Vinz who threatens he will kill a cop if Abdel dies.
Warum man ihn sehen sollte:

Es gibt mehrere Dinge, die diesen Film so sehenswert machen.
Gut geschauspielert, erzählt er sehr unaufgeregt über eine Seite Frankreichs, die oft totgeschwiegen wird.
Die Perspektivlosigkeit der Jugend in Frankreichs Vororten, ihr Hass, ihr Verhältnis zu der, manchmal korrupten und auch rassistischen, Polizei - all das wird dem Zuschauer auf höchstem erzählerischen Niveau dargelegt.
Es wird keine Lösung geboten, sondern schonungslos der Finger in die Wunde gelegt und auf gefährliche, gesellschaftliche Probleme aufmerksam gemacht.
Dies gelingt dermaßen effektiv, dass einen noch lange danach ein beklemmendes Gefühl begleiten wird.

Der unsägliche Fußball-Patriotismus

Egal ob bei Facebook, oder mit Freunden in der Kneipe, jeder Fußballinteressierte hat sie schon oft erlebt: Leute, die nicht verstehen, wie man einer deutschen Mannschaft in internationalen Wettbewerben nicht die Daumen drücken kann. Es scheint die Pflicht eines jeden Deutschen zu sein, Mannschaften seines Landes zu unterstützen.

Der Patriotismus war schon immer eine Einstellung, die mir vollkommen fremd war. Damals, 2002, WM Finale Deutschland gegen Brasilien. Alle um mich herum drückten Deutschland die Daumen, nur ich, der Spielverderber, freute mich über den Sieg der Selecao. 
Warum? Die Spieler waren sympathischer, spielten schöneren Fußball und kein Spieler des FC Bayern München stand für sie auf dem Rasen.

Und genauso ist es heute, nur anders. Es kommt nicht mehr nur auf Sympathie und schönen Fußball an, inzwischen zählen auch Werte wie Kampf oder Fanpolitik. Irrelevant bleibt aber, damals wie heute, die Herkunft des Vereins oder der Mannschaft.

Wenn Bayern München heute Abend in der Championsleague gegen Pilsen spielt, werde ich den Gästen aus Tschechien die Daumen drücken. Nicht weil die Stadt mein geliebtes Pils hervorgebracht hat. Sondern weil ich den Verein aus Süddeutschland mit jeder Faser meines Körpers zum Kotzen finde. Vom arroganten und vollkommen überberwertetem Schweinsteiger, über den Heuchler Manuel Neuer, bis zum urst unsympathischen Franck Ribéry, ich kann sie alle nicht mehr sehen. Dazu das offensichtliche Desinteresse der Vereinsführung an ihren Fans, die Anwesenheit arroganter Nullpeiler wie Karl-Heinz Rummenigge oder Steuerhinterzieher wie Uli Hoeneß.
Nein, nichts wird mich dazu bringen können den Bayern die Daumen zu drücken.

Fußball-Patrioten zeichnen sich nun dadurch aus, dass sie grundsätzlich erstmal für deutsche Mannschaften sind, weil sie ja aus Deutschland kommen.
Nachvollziehbar ist dieser Gedanke wenn die Nationalmannschaft spielt. So wenig ich mit dem Gedanken anfangen kann, muss ich trotzdem zugeben, dass sie "unser" Land vertritt und sich viele Leute von ihr repräsentiert fühlen.

Im Vereinsfußball ist die Situation aber eine völlig andere. Jede Mannschaft besteht aus Spielern vieler Nationalitäten, und wenn sich jemand durch deren Auftritt repräsentiert sehen kann, dann allenfalls ihre Fans.
Sollte München heute Abend gewinnen, tangiert das die Außendarstelltung Deutschlands, oder seiner Bevölkerung, kaum. Einziger Nutznießer ist der FC Bayern.

Warum sollte ich also, lieber Fußball-Patriot, zu einem Verein halten, der mir extrem unsympathisch ist und nicht einmal eine repräsentative Funktion erfüllt?

Eine kleine Einführung

Hallo ihr Menschen!

Und herzlichen Glückwunsch, dass ihr den Weg zu meinem "Jungfernprojekt" gefunden habt.
Ich dachte, bevor es los geht, mache ich den geneigten Leser mal darauf aufmerksam, was und wer ihn hier erwarten wird.
Zu meiner Person: Ich bin Alex, 20 Jahre alt, studiere Volkswirtschaftslehre in Göttingen (5. Semester) und frage mich bis heute, warum.

Es kommt durchaus häufiger vor, dass ich, in einem Anflug von überwältigender Misanthropie, mir alle möglichen blutrünstigen Szenarien für meine Umwelt vorstelle. Aber keine Angst, aufgrund meiner Faul- und Feigheit ist dies kein Grund zur Beunruhigung.
Nebenbei bin ich großer Fußballfan, mein Herz schlägt seit Kindestagen für Borussia Dortmund.
Nun ist es aber auch genug von mir.

Kommen wir zur Frage aller Fragen: Worüber wird in diesem Blog geschrieben?
Ich weiß es selber nicht. Momentan sehe ich ihn als einen Ort, an dem ich gedankenlichen Ballast abwerfen und mit der Welt teilen kann.
Alles, worüber ich gerade so nachdenke, wird, sofern ich mich aufraffen kann, in Textform gepresst und euch hier zum Fraß vorgeworfen.
Wie regelmäßig Artikel zu bestaunen sein werden kann ich ebenfalls nicht abschätzen. Dieser Blog befindet sich noch in den Kinderschuhen und erst die Zeit wird zeigen, in welche Richtung sich dieses Projekt entwickelt. Hier gilt das Stichwort, welches mich durch mein ganzes Leben begleitet und immer wieder vor größere oder kleinere Probleme stellt: Motivation.

Das wars dann auch für den Anfang.